10 Jahre Umwelt-Enzyklika „Laudato si‘“: Zwischenbilanz in der Diözese Linz
Viele Päpste haben sich zu ökologischen Fragen geäußert, Papst Franziskus war der Erste, der eine ganzheitliche Ökologie in den Mittelpunkt einer Enzyklika stellte: Am 18. Juni 2015 wurde die Enzyklika „Laudato si‘“ in der Synodenaula des Vatikan präsentiert. Der Titel („Gelobt seist du – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“) geht auf den „Sonnengesang“ des hl. Franz von Assisi zurück – ein Lob auf die Schöpfung, das vor 800 Jahren entstand.
Mit seiner Enzyklika zeichnete der inzwischen verstorbene Papst Franziskus ein nüchternes und zugleich von christlicher Hoffnung getragenes Bild einer gefährdeten Schöpfung. Es gelte, den „Schrei der Schöpfung“ mit Hilfe jüngster wissenschaftlicher Forschungsergebnisse zu hören und Wege zu suchen, um „aus der Spirale der Selbstzerstörung herauszukommen“, so der Appell des Papstes. Die zentrale Frage des Dokuments lautet: Welche Art von Welt wollen wir denen überlassen, die nach uns kommen, den Kindern, die gerade aufwachsen?
Papst Franziskus lud 2015 alle Ortsbischöfe ein, die Enzyklika vorzustellen und anhand von Beispielen für gelebte ökologische Verantwortung in ihrer Diözese zu konkretisieren. Lucia Göbesberger und Michael Rosenberger präsentierten vor 10 Jahren mit dem damaligen Diözesanbischof Ludwig Schwarz die Papst-Enzyklika. Anlässlich ihres 10-Jahr-Jubiläums ziehen Göbesberger, damals Umweltreferentin und heute Leiterin des diözesanen Fachbereichs Gesellschaft & Soziales, und Rosenberger, Professor für Moraltheologie an der KU Linz und diözesaner Umweltsprecher, eine Zwischenbilanz.
Umweltverantwortung als Kernaufgabe der Kirche
„Mit seiner Enzyklika Laudato si hat Papst Franziskus die Dringlichkeit der Klima- und Biodiversitätskrise in einer Deutlichkeit hervorgehoben, die keinen weiteren Aufschub duldet. Zugleich hat er aufgezeigt, dass Schöpfungsverantwortung für die Kirche keine Nebenaufgabe ist, sondern zum Kern ihrer Sendung gehört“, betont Moraltheologe und Umweltsprecher Michael Rosenberger. Diese Botschaft werde seither von immer mehr Diözesen und Pfarren rund um den Globus wahr- und ernstgenommen – auch in Oberösterreich.
Moraltheologe und Umweltsprecher Michael Rosenberger © suzy stoeckl
Lucia Göbesberger, Leiterin des diözesanen Fachbereichs Gesellschaft & Soziales, nennt konkrete Beispiele, welche Maßnahmen in der Diözese Linz gesetzt werden: „Das Heizsystem wird nach und nach auf erneuerbare Energie umgestellt und bei den kirchlichen Gebäuden das Energiesparpotenzial gehoben. Die Anzahl der PV-Anlagen steigt jährlich; für heuer sind bis zu 25 neue Projekte geplant. Im Bereich der Mobilität wurde der Fuhrpark ökologisiert und Anreize zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr gesetzt, etwa durch einen Öffi-Ticket-Bonus. Die ökologische Weiterentwicklung der Friedhofsflächen bewährt sich.“
Lucia Goebesberger, Leiterin des diözesanen Fachbereichs Gesellschaft & Soziales © Franz Litzlbauer
Zur Sicherung des ökologischen Fortschritts in der Diözese Linz wurde im Frühjahr 2025 von Bischof Manfred Scheuer die Errichtung einer „Kommission für Umwelt und Schöpfungsverantwortung“ beschlossen. Sie erarbeitet konkrete Vorschläge, beobachtet und unterstützt die Ökologisierung der diözesanen Aktivitäten (Reduzierung der Treibhausgasemissionen, Schutz und Förderung der Biodiversität, Minimierung des Bodenverbrauchs, Nachhaltigkeit der Beschaffung) und gibt Impulse für die Thematisierung schöpfungsethischer Themen in Liturgie und Verkündigung.
„Die ökologische Krise ist eine Herausforderung, die nur von der gesamten Menschheit über alle Grenzen von Religionen und Weltanschauungen hinweg bewältigt werden kann“, ist Michael Rosenberger überzeugt. Den spezifischen Beitrag der Religionen habe Papst Franziskus darin gesehen, eine tragfähige Schöpfungsspiritualität zu entwickeln, die den Menschen den Sinn der nötigen enormen Anstrengungen vermittle und Kraftquellen bereitstelle, die dabei helfen würden, auch bei Rückschlägen und Enttäuschungen am eingeschlagenen Weg festzuhalten. „Den indigenen Kulturen traut er zu, dass sie hierbei eine besonders aktive Rolle spielen können. Zehn Jahre später können wir feststellen, dass viele Ortskirchen in Ländern mit indigenen Kulturen tatsächlich größere Schritte auf dem Weg zu einer Schöpfungsspiritualität gemacht haben als die meisten Ortskirchen in Europa und Nordamerika. Auch in der Diözese Linz ist hier noch Luft nach oben“, findet Rosenberger selbstkritische Worte.
Lucia Göbesberger ergänzt: „Papst Franziskus war sich sicher, dass die großen Religionen tragfähige Antworten auf folgende Fragen finden können: Was ermutigt zu einem leidenschaftlichen ökologischen Engagement? Was schenkt Hoffnung in all den Hiobsbotschaften der sich kontinuierlich verstärkenden Umweltzerstörung? Die Diözese Linz wird sich diesen Fragen auch in den nächsten Jahren verstärkt widmen.“
Bischofskonferenz berät über Schöpfungsverantwortung
Unter dem Vorsitz von Erzbischof Franz Lackner hält von 16. Bis 18. Juni 2025 die Österreichische Bischofskonferenz ihre Sommervollversammlung in Mariazell ab. Auch sie wird 10 Jahre nach der Veröffentlichung der Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ über ihre bisherige Umsetzung und Perspektiven für die Zukunft beraten.
Enzyklika „Laudato si‘“
Vor zehn Jahren, am 18. Juni 2015, veröffentlichte Papst Franziskus die Enzyklika Laudato si' – Über die Sorge für das gemeinsame Haus. Mit diesem Schreiben – datiert ist es auf den 24. Mai 2015 – wandte sich das heuer am Ostermontag verstorbene Kirchenoberhaupt nicht nur an die Gläubigen, sondern an „alle Menschen guten Willens“. Sein Schreiben thematisiert die ökologischen und sozialen Krisen unserer Zeit in bisher beispielloser Deutlichkeit und fordert eine ganzheitliche Ökologie, die Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Spiritualität zusammen denkt. Laudato si' wurde weltweit beachtet, politisch wie religiös diskutiert und hat zahlreiche Prozesse in Kirche, Zivilgesellschaft und Politik angestoßen.
Im Zentrum des Schreibens steht die untrennbare Verbindung zwischen dem ökologischen und dem sozialen Gefüge. Papst Franziskus kritisiert nicht nur die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, sondern auch die weltweite Ungleichheit, den Verlust an Mitgefühl und die Vernachlässigung der Schwächsten. Dabei plädiert er für eine „kulturelle Revolution“ im Umgang mit Natur und Mitmenschen, die sich nicht in technischen Lösungen erschöpfen darf, sondern auf innerer Umkehr und einer neuen Lebensweise beruht. Der Begriff der „ökologischen Umkehr“ ist seither zu einem Leitmotiv kirchlicher Umweltarbeit geworden.
Zehn Jahre später steht die Weltgemeinschaft noch immer vor gewaltigen ökologischen und sozialen Herausforderungen – vom Klimawandel über den Verlust der Artenvielfalt bis hin zu wachsender Ungleichheit. Das Jubiläum von Laudato si' wird daher von vielen Seiten inner- und außerhalb der Kirche zum Anlass genommen, um Zwischenbilanz zu ziehen.
Die Enzyklika Laudato si‘ im Wortlaut in deutscher Sprache zum Download:
Kathpress-Themenpaket „10 Jahre ökologische Umkehr“